In Las Lajas wurden wir von mehreren Einheimischen darauf aufmerksam gemacht, dass die nächste Etappe der Ruta 40 ziemlich langweilig sei. Es sei dort sehr trocken und gebe keine Verpflegungsmöglichkeiten. Sie haben uns eine Route nahe der chilenischen Grenze durch die Berge empfohlen. Also planten wir unsere Route nochmals um.

Nach zwei weiteren Tagen mit starkem Sturm in Las Lajas setzten wir uns wieder auf die Velos. Bei strahlendem Wetter und praktisch ohne Wind fuhren wir stetig bergauf Richtung Westen zum Paso Pino Hachado. Dieser Pass führt zu einem der vielen Grenzübergänge zwischen Argentinien und Chile.

Je höher wir kamen, desto schöner wurde die Landschaft. Lichte Wälder wechselten sich ab mit bizarren Felsformationen.

Ein schöner Bergbach schlängelte sich durchs Tal. Die Stimmung war friedlich und wir genossen es sehr, durch diese Landschaft zu fahren.

Gewisse Felsformationen erinnerten stark an Basaltgestein.

Kurz vor dem Pass bogen wir ab auf die Ruta 23 Richtung Süden. In der Bergregion um den Paso Pino Hachado sahen wir viele markante Bäume. Die chilenischen Araukarien sind in dieser Region stark verbreitet.

Diese immergrünen „Andentannen“ haben dachziegelartige, harte Blätter. Ihr Wachstum ist sehr langsam und sie können über 1000 Jahre alt werden.

Weiter ging es zum Lago Aluminé. Dieser liegt nahe der chilenischen Grenze umgeben von Wäldern und Bergen. In der Umgebung gibt es fünf verschiedene Indianer-Reservate der Mapuche.

Laut unserer Routen App sollte ein grosser Abschnitt unserer Strecke asphaltiert sein. In Wirklichkeit befanden wir uns mehrheitlich auf Naturstrassen, welche aber gut zu befahren waren. Die Ruta 23 ist seit längerem eine grosse Baustelle über eine Distanz von mehr als 100 Kilometer. Überall wird ein bisschen gebaggert, planiert und Entwässerungskanäle gebaut.

In dieser Region haben wir viele „Lego“ Holzhäuser gesehen. Diese Bautechnik ist hier weit verbreitet. Die vielen Pinienwälder liefern das Holz für den Häuserbau. Aus den Pinien werden „Ziegel“ geschnitten und mit diesen eine „Holzmauer“ gebaut.

Die Landschaft wirkte oft sehr lieblich. Vermehrt sah man kleine Ställe aus Holz ähnlich wie bei uns in der Schweiz.

Überall spürte man den Frühling. Viele Bäume waren am Blühen, einige Vögel schon fleissig am Brüten. Die Insekten summten und flogen uns um die Ohren.

In Pilo Lil trieben ein paar Gauchos eine Pferdeherde zu ihrem Bauernhof. Die roten oder schwarzen Baskenmützen, sogenannte Boinas, werden hier oft von den Männern getragen.

Kurz nach Pilo Lil fuhren wir wieder an markanten Felsen vorbei. Die Region ist fürs Riverrafting bekannt und auch bei Fischern sehr beliebt. Anfangs November beginnt hier die Rafting Saison.

Abends fanden wir ein schönes Plätzchen zum Zelten direkt am Fluss. Die Temperaturen waren recht angenehm und wir sassen nach dem Nachtessen noch einige Zeit draussen und liessen den Tag gemütlich ausklingen.

Gut ausgeruht machten wir uns nach dem Frühstück auf den Weg. Es war praktisch windstill und wir kamen gut vorwärts.

In San Martín de los Andes haben wir wieder ein paar Tage Pause gemacht in einer gemütlichen Ferienwohnung.

San Martín de los Andes ist das wichtigste touristische Zentrum der Provinz Neuquén. Touristen kommen das ganze Jahr über in die Gegend, zum Fischen, Wandern, Kanu-, Kajakfahren und zum Skifahren. Alles ist sehr sauber und für den Tourismus schön zurecht gemacht. Trotzdem konnte die Stadt ihren Charme bewahren.

In der Gegend gibt es auch Rothirsche. Daher wird in einigen Restaurants Hirsch auf der Speisekarte angeboten. Das liess sich Nik nicht entgehen und genoss zum Nachtessen ein zartes Hirschfilet.

Die Stadt liegt idyllischen direkt am Lago Lácar.

Nach San Martin de los Andes folgten wir dem „Camino del siete Lagos“. Diese „sieben Seen Route“ führt von San Martín nach Bariloche und ist bei Touristen sehr beliebt.

In der Gegend um San Martin gibt es verschiedene Skigebiete. Hier sieht man die Pisten des kleinen Ressorts Lago Hermoso.

Abends stellten wir unser Zelt am Rio Pichi Traful auf. Dies Ist ein öffentlicher Zeltplatz wo man gratis campieren darf. Er ist superschön gelegen. Auf dem Platz gab es viele verschiedene Vögel und Kaninchen zu bestaunen.

Ein Pärchen Graukopfgänse stolzierte um unser Zelt herum und liess sich nicht stören.
Morgens war es nun merklich kühler. Ein warmer Kaffee oder eine warme Suppe zum Frühstück waren sehr willkommen für einen guten Start in den Tag.

Bei recht kühlen Temperaturen ging es weiter Richtung Bariloche. An diesem Abend wollten wir wieder auf einem Campingplatz übernachten. Leider war dieser geschlossen. Die Besitzerin erklärte uns, dass die Saison erst Anfang November starte und die meisten Campingplätze in der Umgebung noch geschlossen hätten. Etwas enttäuscht fuhren wir weiter und suchten einen geeigneten Platz für die Nacht. Nach ca. 15 Kilometer wurden wir dann fündig. Wir stellten unser Zelt an einer windgeschützten Stelle auf. In der Nacht kam ein starker Sturm auf. Es stürmte und regnete praktisch die ganze Nacht und wir waren froh um unseren geschützten Platz. Am Morgen war es sehr kalt und die Berge in der Umgebung waren weiss eingepudert.

Wegen der Kälte gut eingepackt, fuhren wir am Morgen bei gutem Wetter los. Die frisch eingepuderten Berge waren ein schöner Anblick. Unser Mittagessen genossen wir am Strassenrand mit freier Sicht auf einen schönen See. Leider verschlechterte sich das Wetter innert kürzester Zeit und es fing an zu nieseln. So packten wir zügig unsere Sachen ein und fuhren weiter.

Die Gewitterfront holte uns schnell ein und begrüsste uns mit einem Graupelschauer. Nach vielen Monaten ohne Regen, kamen unsere Regenkleider wieder einmal zum Einsatz.

So schnell wie der Schauer kam, so schnell war er auch wieder vorbei. Nach einer halbe Stunde kam die Sonne hinter den Wolken hervor. Wir schälten uns wieder aus unseren Regenkleidern und fuhren bei Sonnenschein weiter.

Auf der Weiterfahrt in Richtung Bariloche genossen wir die wärmende Sonne, den starken Rückenwind und die herrliche Landschaft.

Das Wasser vom Lago Nahuel Huapi war sehr unruhig und es herrschte starker Wellengang.

Es wehte ein kräftiger Wind. Zum Glück kam er an diesem Tag mehrheitlich von hinten und so wurden wir fast nach Bariloche geschoben.

Mit seinem grossen See Nahuel Huapi und den umliegenden Bergen ist Bariloche ein richtiger Touristen Magnet. Es gilt ein bisschen als die Schweiz von Argentinien. Zahlreiche Restaurants, Souvenir Shops und schicke Läden reihen sich aneinander. Wir schlenderten zusammen mit vielen anderen Touristen durch die Strassen und kamen uns ein bisschen deplaziert vor. Das war nicht das Argentinien, welches wir bis jetzt kennen und lieben gelernt haben. Aber auch das ist wohl ein Teil davon. Nach dem zweiten Weltkrieg zogen viele Deutsche in diese Region. Zum Teil tauchten auch SS-Männer hier unter. Außerhalb von Bariloche fuhren wir an vielen Villen, Hotelanlagen und unzähligen Ferienhäusschen mit Blick auf den See vorbei. Hier leben sicher nicht die ärmsten der Armen.

Auch schweizer Spuren sind hier in der Stadt zu finden.

Etwa 25 Kilometer von Bariloche entfernt liegt die Ortschaft Colonia Suiza. Hier liessen sich 1883 die Familie Goye-Borgeat aus Saxon Kanton Wallis nieder. Heute erinnert die Ortschaft eher an ein kleines Schweizer Disneyland. Viele Verkaufsstände bieten ihre Souvenirs und lokale Produkte an. Es gibt verschiedene Restaurants beschriftet mit den Namen Schweizer Städte. Wir als Schweizer fühlten uns hier eher fremd und verfolgten erstaunt und belustigt wie sich Scharen von Touristen durch die engen Gassen zwängten.

Nach einem Kaffee mit Kuchen verliessen wir die Colonia Suiza in Richtung Puerto Pañuelo.

Dieser Baum hat uns mit seiner mächtigen Statur sehr beeindruckt. Majestätisch stand er mit seinen dicken Ästen am Strassenrand.

Um unser nächstes Ziel Chile zu erreichen, wählten wir einen speziellen Grenzübergang. Wir buchten eine Überquerung drei Seen, um von Argentinien nach Chile zu gelangen. Die Reise ist zwar recht teuer, lohnt sich aber wegen der fantastischen Landschaft sehr. Das Wetter zeigte sich von der allerbesten Seite und wir genossen das herrliche Panorama. Den ersten See von Puerto Pañuelo nach Puerto Blest überquerten wir auf einem relativ grossen Schiff mit vielen Touristen. Einige Influencerinnen setzten sich für ihre Follower in Szene.

Wir waren neben vielen anderen Touristen die einzigen Radreisenden. Das Verladen der Velos gestaltete sich bei jedem der drei Seen wieder etwas anders. Von kompliziert bis unkompliziert erlebten wir alles. Von Puerto Blest radelten wir etwa drei Kilometer zum Lago Frias.

Dort stiegen wir in ein kleineres Boot und fuhren nach Puerto Frias. Auch hier wurde viel fotografiert.

In Puerto Frias liegt auch der argentinische Zoll. Die Grenzbeamten kamen mit dem gleichen Schiff wie wir und mussten bei der Ankunft im Büro zuerst die Computer starten. Dies dauerte einen Moment, weil der Generator ausgefallen war. Schliesslich bekamen wir unseren Ausreisestempel und es konnte weiter gehen.

Eine Tafel erinnert daran, das 1951 Che Guevara auf seiner Reise durch Südamerika mit seiner Norton 500 über diese Grenze nach Chile reiste.

Die anderen Touristen fuhren per Bus nach Peulla (Chile), wo das nächste Schiff um 16:00 Uhr abfahren sollte. Wir mussten bis dann die 29 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen und den chilenischen Zoll passieren. Zuerst führte die Strecke drei Kilometer steil bergauf mit Steigungen bis zu 13%. Beladen mit unserem Gepäck kamen wir ganz schön ins Schwitzen. Danach ging es dann mehrheitlich bergab. Wir kamen um 15:30 Uhr in Peulla an und betraten den Grenzposten. Hier mussten wir unsere Fahrräder registrieren und Onlineformulare ausfüllen. Unsere Taschen wurden auf verschiedene Lebensmittel kontrolliert, die man in Chile nicht einführen darf. Schliesslich war auch dieses Prozedere geschafft und wir durften nach Chile einreisen.

Für den letzten Kilometer zum Hafen traten wir nochmals kräftig in die Pedalen. Es war mittlerweile schon 15.50 Uhr und unser Schiff fuhr um 16:00 Uhr.

Das Schiff wartete schon am Steg und wir luden unser Gepäck und Fahrräder mit Hilfe des freundlichen Personals auf den Katamaran. Etwas erschöpft sanken wir auf unsere Sitze und mussten erst mal ein bisschen durchatmen. Sobald das Schiff ablegte, verflog unsere Müdigkeit und wir genossen die Fahrt über den den Lago Todos los Santos in vollen Zügen. Das Panorama war überwältigend. Nach einer grossen Biegung kam plötzlich der Vulkan Osorno mit seinen 2652 m.ü.M. in Sicht. Diese schöne Pyramide steht imposant in der Landschaft. Er gilt als kleiner Fuji Chiles.

Nach der letzten Seeüberquerung waren wir zwar schon recht müde, wollten aber noch zu einem 15 Kilometer entfernten Campingplatz in Ensenada fahren. Zum Glück ging es mehrheitlich bergab und die Strecke war schnell zurückgelegt. Unser Plan war, schnell das Zelt aufstellen und dann auswärts etwas essen gehen. Laut Google sollte es in der Nähe diverse Imbissbuden geben. Wir hatten aber nicht bedacht, das in Chile andere Sitten und Gebräuche herrschen als in Argentinien. Alle Imbisstuben hatten um 19:30 Uhr schon dicht gemacht. Also fuhren wir wieder zurück zum Campingplatz und kochten uns etwas leckeres zum Essen. Der Campingplatz lag direkt am Lago Llanquihue mit Blick auf den Vulkan Osorno. Einfach genial.

Bis Puerto Varas waren es nur etwa 48 Kilometer. Wir frühstückten gemütlich, packten unsere Sachen zusammen und fuhren kurz vor dem Mittag los. Auf guten Velowegen ging es durch hügelige, grüne Landschaft Puerto Varas entgegen.

Puerto Varas ist eine kleine Stadt mit schönen Häusern und Geschäften. Alles wirkt sehr sauber und gepflegt. Dort übernachteten wir in einem gemütlichen kleinen Hostal.

Ab 1854 wurde die Gegend von deutschen Einwanderern besiedelt. Vereinzelt sieht man immer noch Gebäude oder Strassen auf Deutsch angeschrieben. Auch die Gartenzwerge sind nicht typisch chilenisch. Es gibt hier immer noch einen deutschen Verein.

Viele Häuser haben eine Fassade aus Holzschindeln. Die Dächer sind vorwiegend mit Blech abgedeckt.

Am nächsten Tag war es nicht mehr weit bis Puerto Montt. Gegen Mittag trafen wir an der Promenade ein und genehmigten uns auf einer Bank unser Mittagessen mit Blick aufs Meer. Es war das erste Mal, dass wir auf unserer Südamerikareise das Meer sahen.
Kaum sassen wir auf einer Bank, wurden wir schon musikalisch begrüsst.

Die Stadt wirkte ein bisschen verlebt und die Häuser sahen zum Teil verwittert aus. Es gab hier auch vermehrt ärmere Leute, die auf der Strasse herumhingen.

Puerto Montt ist sicher keine vorzeige Stadt. Sie wirkte auf uns aber viel authentischer. Hier sah man das Stadtleben mit all seinen Facetten.

Im El Capitan hatten wir für ein paar Tage eine kleine Wohnung gemietet. Im unteren Bereich führt der Besitzer ein Restaurant, wo man sehr gut essen konnte.

Wir wohnten ein bisschen ausserhalb des Stadtzentrums in einem ruhigen Viertel. Das Zentrum war zu Fuss aber gut erreichbar. Beim Shoppen konnten wir einiges Material durch neues ersetzen. Die Reissverschlüsse am Zelt waren schon seit einiger Zeit defekt und schlossen nicht mehr richtig. Ruth machte sich daran, das Zelt notdürftig zu flicken. Leider hat die Lieferfirma herumgetrödelt und konnte uns das Ersatzmaterial nicht rechtzeitig nach Puerto Montt schicken. Unser nächstes Ziel war die Carretera Austral und wir freuten uns schon sehr auf diesen Teil unserer Reise.

Auf der Karte sieht man die Strecke, die wir von Las Lajas nach Puerto Montt zurück gelegt haben. Die unterbrochenen Teile zwischen Bariloche und Puerto Montt haben wir mit dem Schiff zurückgelegt.