Von Cafayate nach Mendoza

Cafayate ist ein schönes kleines Städtchen im Nordwesten von Argentinien. Rund um den Hauptplatz ist es sehr touristisch. Vor jedem Restaurant steht jemand und versucht potentielle Kunden anzuwerben. Ein paar Strassen abseits merkt man aber nur noch wenig davon.

Nach Wäsche waschen und diversen Flickarbeiten an unserem Material durfte auch ein bisschen kulinarisches Vergnügen nicht zu kurz kommen. Die Region Cafayate ist bekannt für guten Wein. Feines Essen und dazu einen guten Tropfen Wein, was will man noch mehr……?

Wir wollten aber noch andere Spezialitäten der Umgebung kennen lernen. Ganz in der Nähe von Cafayate gibt es eine kleine Käserei. Wir als Schweizer und Käseliebhaber waren da natürlich besonders neugierig. Der Betrieb produziert Käse aus Kuh- und Ziegenmilch.

Über 500 Saanenziegen leben hier in verschiedenen Gehegen. Ursprünglich wurden hier auch Toggenburger Ziegen gezüchtet. Die Saanenziegen waren aber schlussendlich am besten für das trockene, warme Klima geeignet.

In einem Gehege hatte es vor einem Tag Nachwuchs gegeben. Die kleinen Zicklein waren noch sehr wackelig auf den Beinen. Damit es genügend Nachwuchs gibt, sind für die 500 Ziegen fünf Ziegenböcke zuständig. Bei soviel Auswahl wird es ihnen sicher nicht langweilig.🤪

Die Kuh- und Ziegenmilch wird zu Käse verarbeitet und je nach Sorte unterschiedlich lange im Salzbad eingelegt.

Nach der spannenden Führung wollten wir den Käse natürlich auch probieren. Bei einem Glas Wein testeten wir die verschiedenen Käsesorten. Der Käse schmeckte uns ausserordentlich gut und wir waren von der guten Qualität sehr beeindruckt.

Neben der Weinproduktion gibt es auch einige Destillerien in der Umgebung.

Nach ein paar gemütlichen Tagen in Cafayate fuhren wir auf der Ruta 40 weiter Richtung Süden. Im kleinen Dorf Colalao del Valle machten wir auf dem Dorfplatz unsere Mittagspause. Der Platz war voller Leute mit grün / gelben Westen. Einige sassen auf auf einer Bank und massierten sich ihre Füsse. Neugierig fragten wir, was denn hier los sei. Man erklärte uns, dass die Leute nach Salta pilgern. Die Reise dauert neun Tage und es werden mehr als 200 Kilometer zurückgelegt. In Salta findet jedes Jahr am 14. / 15. September das Fest des Señor y Virgen del Milagro statt. Zu diesem Anlass pilgern von überall Leute zu Fuss, per Velo oder Pferd nach Salta. Mehr als 800 000 Menschen versammeln sich jeweils zu diesem Fest in der Stadt. In den nächsten Tagen trafen wir noch weitere Pilger an. Einige waren zu Fuss unterwegs, andere mit dem Fahrrad.

Weiter ging es durch hügelige, trockene Regionen. Oft wurden wir durch leichten Gegenwind etwas gebremst.

Bei soviel Bewegung braucht man auch mal eine Stärkung. Die Tortenstücke sahen so verlockend aus, da konnten wir einfach nicht widerstehen. Danach hatten wir fast einen Zuckerschock. Wahrscheinlich hätte ein Stück für uns beide auch gereicht. 🥴

In der Ortschaft Belen machten wir in einem kleinen Hostal zwei Tage Pause.

Nik schlemmte sich durch die verschiedenen Fleischspezialitäten. Wir sind ja schliesslich in Argentinien, wo der Fleischverbrauch gemäss Wikipedia bei 110 Kilogramm pro Kopf und Jahr liegt. Die Schweiz kommt pro Kopf auf gut 66 Kilogramm pro Jahr.

Am zweiten Tag in Belem gab es wieder einen kleinen Sandsturm und am Nachmittag wurde die Sicht immer schlechter. Das Licht und die Stimmung waren sehr speziell und wirkte eher düster.

Mit neuem Elan ging es auf der Ruta 40 Richtung Süden. Bei der Kilometertafel 4000 gab es ein Selfie. Von hier verläuft die Ruta 40 noch 4000 Kilometer bis in den Süden von Argentinien.

Auf einem schönen Campingplatz stellten wir am Abend unser Zelt auf.

Auch hier in Argentinien findet man schnell treue Freunde.

Am nächsten Tag irgendwo im nirgendwo hatte Nik wieder mal einen Plattfuss. Während dem Schlauchwechsel kontrollierte Ruth auch ihre Pneus und fand beim Vorderreifen dieses schöne Exemplar. Der Stachel sass sehr tief im Pneu und musste mit einer Zange gezogen werden, wobei die Luft mit einem lauten pffff………..entwich. So durften wir bei Ruth auch gleich einen Schlauchwechsel durchführen.

Mit neu geflickten Reifen ging es Kilometer um Kilometer weiter auf geraden Strassen. Die Landschaft wurde mit der Zeit etwas monoton und bot wenig Abwechslung. Der Verkehr war sehr angenehm. Alle 20 Minuten fuhren ein bis zwei Autos an uns vorbei. Wie so oft, nahm gegen Nachmittag die Windstärke zu und wir wechselten uns regelmässig ab beim Vorausfahren.

Am Strassenrand trafen wir immer wieder auf sehr laute Vögel. Nach Recherchen haben wir herausgefunden, dass es sich dabei um Felsensitiche handelt. Diese Papageien trifft man oftmals in grossen Gruppen an und sie veranstalten einen Riesenspektakel.

Gemäss Wikipedia stammen diese Vögel ursprünglich aus Chile. Vor rund 120.000 Jahren ist es einer kleinen Gruppe gelungen, die Anden in der Nähe des Aconcagua zu überqueren, was bei der Höhe und Kälte eine enorme Leistung für die Tiere war.

….und weiter ging es immer gerade aus. Die Steppenlandschaft besteht zum Grossteil aus Monte-Buschwald. Das Klima ist sehr trocken und angenehm warm.

Wir begegneten bis jetzt eher selten anderen Radreisenden. Die Freude ist dann gross, wenn man mal auf andere Radfahrer trifft. Man tauscht sich aus, woher, wohin, wie lange, wie sind die Strassenverhältnisse usw. Die Geschichten sind oft vielfältig und spannend. Einige Radfahrer sind nur ein paar Wochen oder Monate unterwegs, andere schon mehrere Jahre.

In der kargen Steppenlandschaft ist das Zelten nicht immer einfach. Es gibt viele Dornenbüsche und nur wenig Windschutz. Umso willkommener sind kleine Kappellen und Grillplätze, die man zum Zelten nutzen kann.

In Chilecito hatten wir wieder einmal eine Seilbahn gefunden. Die Cable Carril wurde 1903/04 gebaut. Mit der Anlage wurde Erz aus der Mine „La Mejicana“ von 4600 m.ü.M nach Chilecito auf 1100 m.ü.M befördert. Die Seilbahn hatte eine Länge von mehr als 35 km.

In der Talstation in Chilecito wurde das Erz in Eisenbahnwagen umgeladen. Die Anlage bestand aus acht Sektionen. Jede Sektion hatte zwei Tragseile und ein umlaufendes Zugseil.

Das Erz wurde mit einfachen Loren befördert. Mit jeder Lore konnten 500 kg Erz transportiert werden. Es gab auch spezielle Fahrzeuge für den Transport von Personen, Wasser und anderen Materialien.

Jede Sektion wurde mit 35 PS Dampf-Maschine angetrieben. Die Maschinen wurden zum Anfahren oder im Störungsfall eingesetzt.

Ein Besuch beim Barber war schon lange überfällig. Es ist immer spannend in den verschiedenen Ländern zum Barber zu gehen. Dabei ergeben sich vielfach lustige und interessante Gespräche.

Nach dem eher flachen Gelände veränderte sich die Landschaft und wir mussten für ein paar hundert Höhenmeter kräftig in die Pedalen treten.

Nach der Anstrengung wurden wir mit einer fantastischen Aussicht belohnt. Die nächsten Kilometer ging es in einem ständigen auf und ab durch herrliche Landschaften. Schliesslich verbrachten wir die Nacht auf einem kleinen einsamen Zeltplatz.

Am nächsten Morgen fuhren wir weiter Richtung San Juan. Hier kamen wir an einem Stausee vorbei.

Auf grossen Flächen wird Solarenergie produziert.

Der Ullum-Stausee in der Nähe von San Juan wird zur Energiegewinnung und für die Bewässerung der Region genutzt.

Das Kraftwerk am Fuss des Staudamms hat eine installierte Leistung von 41 MW.

Der Stausee scheint ein beliebtes Ausflugsziel für Velofahrer aus San Juan zu sein. Auf der Strecke vom Stausee nach San Juan sind wir sehr vielen Velofahrern begegnet.

Die Stadt San Juan wurde 1944 bei einem Erdbeben zerstört. Es gab dabei mehr als 10000 Tote. Nur wenige Bauten überlebten dieses Erdbeben. Die Kathedrale von 1979 ist ein gutes Beispiel für die moderne Architektur, die die Stadt prägt.

Nach San Juan kamen wir unserem nächsten Ziel Mendoza immer näher. Vermehrt fuhren wir durch kleine Alleen mit riesigen Eukalyptus Bäumen.

Man roch es schon von weitem. Hier werden auf grossen Flächen Zwiebeln angebaut. Zum Teil wurde gerade geerntet und mit Lastwagen abtransportiert.

Mangels geeigneter Übernachtungs-Möglichkeiten fragten wir bei einem Kontrollposten der Polizei, ob wir unser Zelt hier aufstellen dürfen. Eine Nacht sei kein Problem meinten sie. Wegen den vielen aggressiven Mücken, hatten wir keine Lust im Freien zu kochen. Zum Glück hatte es in der Nähe ein kleines Restaurant, wo wir ein leckeres Nachtessen bekamen. Nach dem Nachtessen stellten wir in Windeseile unser Zelt auf. Schnell noch Zähne putzen, Pipi machen und dann schlüpften wir erleichtert ins fast mückenfreie Zelt.

Am nächsten Tag ging es bei Gegenwind und viel Verkehr Richtung Mendoza. Dieser Abschnitt war sehr unangenehm zu fahren. Irgendwann hatten wir genug und probierten auf Nebenstrassen auszuweichen um etwas entspannter fahren zu können.

Am frühen Nachmittag erreichten wir das Stadtzentrum von Mendoza. Dort hatten wir für ein paar Tage eine kleine Wohnung gemietet. Mendoza ist eine Oasenstadt. Der ganze Talkessel wird künstlich bewässert. Mendoza ist die wichtigste Weinbauregion in Argentinien. Von hier wird sehr viel Wein in die ganze Welt exportiert. In der Stadt gibt es viele Bäume und das Strassenleben wirkt sehr gemütlich und entspannt.

Im Zentrum von Mendoza liegt die Plaza de Indepenencia. Dieser Park ist ca. 55000 Quadratmeter gross. Eine beliebte Attraktion sind die Brunnen mit tanzendem Wasser, welche seit 2021 viele Besucher mit Licht- und Klangspielen anlocken. Die gemütliche Atmosphäre der Stadt hat uns sehr gut gefallen. Wir konnten einige Pendenzen erledigen und sind nun startklar für die nächsten Etappen unserer Reise.

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